Das Duell: Berater vs. Robo Advisor

Robo Advisors werden als die besseren Ratgeber in Anlagefragen gehypt. Aber können sie gegen einen echten Berater bestehen? Ein Experiment
Sylvio Jachtner
Sylvio Jachtner, Vermögensspezialist Private Banking in der apoBank-Filiale Düsseldorf, tritt gegen einen Robo Advisor an.
Deutsche Apotheker- und Ärztebank Beitrag

Auf der sandigen Straße vor dem Saloon stehen sich der Sheriff und der Bandit gegenüber. Beide mit der Hand über dem Revolverholster, bereit, zu ziehen und den Gegner in den Staub zu schicken. So sehen Duelle im klassischen Western aus. Was man derzeit über Robo Advisors liest, klingt ähnlich John-Wayne-mäßig: Mensch gegen Maschine. Bankberater gegen automatisierte Geldanlage. Know-how gegen Algorithmus. Die kleinen Programme, die ein Bankkunde mit nur wenigen Angaben füttern muss, damit sie ihm ein konkretes Investment vorschlagen, werden von manchen schon als die besseren Anlageberater gepriesen. Sie könnten den Menschen bald ersetzen, wird geraunt. Ist diese Prognose gerechtfertigt?

Ein Experiment soll das klären. Auf der einen Seite: ein marktüblicher Robo Advisor. Auf der anderen: Sylvio Jachtner, Vermögensspezialist Private Banking in der Düsseldorfer Filiale der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (apoBank). „Ich glaube nicht, dass eine Software den Kunden so einschätzen kann wie ein Berater“, sagt Jachtner, als er den Computer hochfährt. Solange es um die Analyse von Fundamentaldaten gehe, könne eine gute Software nützliche Dienste leisten. Aber ein Advice, ein Ratschlag? Der gebürtige Sachse ist skeptisch und neugierig zugleich. Er klickt sich durch die Online-Strecke eines Anbieters. Die Fragen kommen Schlag auf Schlag: Altersklasse? Risikoaffinität? Verfügbares Budget? Anlagehorizont und gewünschte Wertentwicklung? Schon kommt die Empfehlung. „Scheint etwas für Menschen zu sein, die zumindest etwas Erfahrung mit Investments haben – sonst können sie weder die Fragen richtig beantworten noch die Empfehlung des Robo Advisors beurteilen“, so Jachtner.

Er ist sich bewusst, dass umfassende Beratung Zeit kostet – und auch Geld. Die Gebühren für die etwa zehn Robo Advisors im deutschen Markt sind deutlich niedriger als in der klassischen Anlageberatung. Doch Jachtner ist von seinem Mehrwert überzeugt. „Neun von zehn Kunden schätzen ihre Risikoneigung falsch ein“, berichtet er aus seinen fast 20 Jahren Erfahrung in der Beratung. So gäbe es Kunden, die sich als konservativ einstuften, dann aber in internationale Aktien investieren wollen. „Solche Widersprüche erlebe ich fast täglich.“ Umfassende Information sei wichtig: „Wenn ich nicht weiß, dass der Kunde bereits ein Depot bei einem anderen Institut hat, können sich Klumpenrisiken ergeben.“

Ist der Anlegertyp ermittelt, liefert der Robo Advisor eine Anlagestrategie: Zusammensetzung des Portfolios, erwartete Wertentwicklung und Rendite. Mit wenigen weiteren Klicks kann der Kunde den Vorschlag in die Tat umsetzen. „Das ist alles nicht falsch“, so Jachtner. „Aber die Analyse ist doch sehr rudimentär.“ Seine Beratung stütze sich auf deutlich umfangreichere Daten zu Ausgangssituation und Zielen des Kunden. „Wir arbeiten auch mit technischen Hilfsmitteln und Musterdepots“, erklärt Jachtner, „aber wir lassen uns nicht vorgeben, was wir für den Kunden individuell machen.“ So gibt es Fälle, bei denen das Bild des Kunden in der aktuellen Marktphase nicht umsetzbar ist. „Das sage ich dann klipp und klar.“

Fazit? Im Gegensatz zu John Wayne gibt es bei diesem Duell keinen Gewinner – aber auch keinen Verlierer. „Der Computer wird mich nicht ersetzen“, resümiert Jachtner, „aber er kann gerade für kleinere Geldbeträge eine wichtige Ergänzung für die Geldanlage sein.“

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