Das Leiden der Pangoline

Für Wildtiere gibt es auf der Erde immer weniger Platz. Gebraucht werden mehr Schutzgebiete und stimmige Konzepte für ein friedliches Miteinander von Mensch und Tier.
Illustration: Heidi Gruber
Olaf Strohm Redaktion

Als die Ausbreitung des Corona-Virus zur Pandemie wurde, geriet es zum Symbol für den Wildtierhandel: das Schuppentier, auch Pangolin genannt. Es lebt tief in den Wäldern Südostasiens und Afrikas. Im Schuppentier wurde kurzzeitig der Zwischenwirt für das Corona-Virus vermutet. Dennoch wurden noch im April in Malaysia sechs Tonnen Schmugglerware aus afrikanischen Schuppentieren beschlagnahmt. Da jede getrocknete Schuppe nur wenige Gramm wiegt, befürchtet die Naturschutzorganisation WWF, dass dafür tausende Tiere ihr Leben lassen mussten.


Seit 2016 steht das Pangolin auf der Schutzliste der bedrohten Tierarten. Dennoch wurden seitdem rund eine halbe Million Tiere getötet. Vor allem für den chinesischen Markt, wo die Schuppen des urzeitlich wirkenden Wildtieres als Potenzmittel gelten – ohne jeden wissenschaftlichen Anhaltspunkt, bestehen dessen Schuppen doch wie die menschlichen Fingernägel und Haare aus Keratin.


Das Pangolin ist dabei nur ein Symbol für eine Entwicklung, die dramatische Ausmaße angenommen hat: Rund eine Million Tierarten könnten innerhalb der nächsten Jahrzehnte verschwinden, wenn sich der Zustand unserer Ökosysteme weiterhin verschlechtert, fasst die Tierschutzorganisation WWF Erkenntnisse aus den Artenschutzberichten zusammen. Insgesamt listet sie 30.178 Tier- und Pflanzenarten als bedroht auf – mehr als jemals zuvor. Ein Viertel der Säugetierarten, jede achte Vogelart, mehr als 30 Prozent der Haie und Rochen sowie 40 Prozent der Amphibienarten gelten demnach als bedroht.


Es sei das „größte Artensterben seit dem Ende der Dinosaurierzeit vor 65 Millionen Jahren”, so der WWF. Dass Arten aussterben, sei zwar ein natürlicher Prozess. Er sei jedoch heute unter dem Einfluss des Menschen beträchtlich beschleunigt. Unter den Säugetieren sind insbesondere Primaten, Bären und Großkatzen wie Geparden gefährdet.


Pro Minute werden auf der Erde 31 Fußballfelder an Wald vernichtet – Lebensraum für Wildtiere, aber auch ein Speicher für das Treibhausgas Kohlendioxid (CO2), ohne den der Klimawandel sich weiter beschleunigen wird. Naturschutzorganisationen wie WWF, BUND und Friends of the Earth fordern daher, mehr Schutzgebiete auszuweisen und zerstörte Flächen wieder aufzuforsten, alternative Einkommensquellen für die Bevölkerung zu schaffen und eine nachhaltige Nutzung des Waldes und einen bewussteren Konsum zu fördern.


Dabei trifft es nicht nur exotische Arten in den von Kahlschlag bedrohten tropischen Regenwäldern. Auch in Europa sind Tierarten bedroht. Etwa das Wildkaninchen. Wildkaninchen sind sehr weit verbreitet und werden teilweise sogar als Schädling bekämpft, weil sie früher in vielen Ländern eingeführt wurden, in denen sie ursprünglich nicht vorkamen. Doch in ihrem ursprünglichen Lebensraum, der sich auf Portugal, Spanien und das südliche Frankreich erstreckt, gelten sie als stark gefährdet.  


Wilderei ist nicht nur ein Thema in afrikanischen Steppen,  sondern auch in den deutschen Wäldern. Luchse und Greifvögel werden illegal getötet, aber auch Fischotter und Biber. Und Wölfe. Eine Studie des Bundesamts für Naturschutz (BfN) kam kürzlich zur Erkenntnis, Deutschland habe Kapazitäten für 700 bis 1400 Wolfsterritorien. Aktuell gibt es hierzulande 105 Rudel und einige Einzeltiere. Allerdings wird die Rückkehr des Wolfs bei vielen Schäfern und anderen Nutztierhaltern mit Skepsis betrachtet. Um die Akzeptanz zu erhöhen, fordert der WWF Deutschland einen finanziell solide ausgestatteten, flächendeckenden Herdenschutz.


Eine schöne Nachricht: In Deutschland werden seit einigen Jahren immer wieder Elche gesichtet, die dank erfolgreicher Schutzmaßnahmen aus Osteuropa, insbesondere aus Polen, einwandern. Nun gibt es sogar Hinweise, dass Deutschland auch für den Elchnachwuchs attraktiv sein könnte: Im südlichen Brandenburg wurde kürzlich eine Elchkuh mit Jungtier gesichtet.

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