Talente fischen im Netz

Die Unternehmen sind sich einig: Es wird immer schwerer, Talente zu finden und zu binden. Um Kosten zu sparen und die Reichweiten zu erhöhen, liegt E-Recruiting voll im Trend. Lohnt sich das? Und was ist beim Thema Datenschutz zu beachten?
Illustration: Iza Bułeczka
Illustration: Iza Bułeczka
Juliane Moghimi Redaktion

Über 32 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigte gab es laut der Statistik der Bundesagentur für Arbeit am Ende des Jahres 2017 in Deutschland. Das sind mehr als jemals zuvor – und trotzdem vermeldete die Agentur gleichzeitig 410.000 unbesetzte Stellen für Fachkräfte. Gegenüber dem Jahr 2016 war das ein Zuwachs um 10,9 Prozent. Die durch den Fachkräftemangel bedingte Vakanzzeit in den Unternehmen nahm um 7 Prozent zu und lag 2017 bei 102 Tagen.

Fachkräfte sind also nach wie vor Mangelware auf dem deutschen Arbeitsmarkt. Um sie zu finden, bedienen sich die Personalabteilungen längst auch digitaler Mittel. Der Anteil der Unternehmen, die Printmedien fürs Recruiting nutzen, lag laut Statista 2017 nur noch bei 13 Prozent. Die unternehmenseigene Website hingegen nutzten 88,5 Prozent, die gängigen Internet-Stellenbörsen 72 Prozent. Stark im Kommen sind zudem die Karrierenetzwerke (27,7 Prozent).

Das Smartphone als Karriere-Sprungbrett

Ein Aspekt, der innerhalb des E-Recruiting zunehmend an Bedeutung gewinnt, ist das Mobile Recruiting, also der Bewerbungsprozess per Smartphone. Die vom Portal meinestadt.de und der Hochschule RheinMain durchgeführte „Mobile Recruiting Studie 2017“ hat Unternehmer auf Fachkräftesuche und potenzielle Kandidaten zu ihren Erfahrungen und Erwartungen befragt – und dabei interessante Diskrepanzen aufgezeigt.

Während 76,1 Prozent der befragten Fachkräfte für die Jobsuche das Smartphone nutzen und 73 Prozent sich auch mobil bewerben wollen, haben 43,2 Prozent der Unternehmen ihren Online-Karriere-Auftritt bislang in keiner Weise für die mobile Nutzung optimiert. Außerdem sind nur 45 Prozent aller Online-Bewerbungsformulare für das Smartphone geeignet. Die fatale Folge: 46,6 Prozent der potenziellen Kandidaten haben schon mindestens einmal eine Bewerbung abgebrochen, weil das Angebot mobil nicht gut nutzbar war – ein Verlust, den sich kein Unternehmen auf Fachkräftesuche leisten kann. Neben der Optimierung für das Smartphone spielt jedoch auch Geschwindigkeit eine immer wichtigere Rolle. So erwarten heute 69,4 Prozent der Fachkräfte, dass sie innerhalb einer Woche Antwort auf ihre Bewerbung erhalten.

Vertane Chancen bei Facebook & Co.

Mit der Rolle, die soziale Netzwerke wie Facebook, Twitter oder Instagram beim Recruiting spielen, hat sich unter anderem das Karriereportal Monster befasst. Für die gemeinsam mit der Universität Bamberg erhobenen „Recruiting Trends 2017“ wurden neben den Top 1000 deutschen Unternehmen die Top 300 der IT-Branche, 1000 mittelständische Unternehmen und 3400 Bewerber befragt.

Insgesamt wünschen sich zwei Drittel der Kandidaten, dass bei der Personalbeschaffung die sozialen Medien eingesetzt werden. Allerdings gaben nur 27 Prozent der Top 1000 Unternehmen an, über eine speziell für diese Zwecke entwickelte Social-Media-Strategien zu verfügen. Beim Mittelstand sind es gerade einmal 36 Prozent, die den Einsatz von sozialen Netzwerken überhaupt positiv bewerten. Dabei ist gerade die für Unternehmen so interessante Generation Y, das heißt die Jahrgänge 1981 bis 1998, die wichtigste Zielgruppe für diese Form des E-Recruiting: Knapp 73 Prozent der Kandidaten in dieser Altersgruppe finden es gut, wenn Unternehmen die Social-Media-Kanäle nutzen.

Das beliebteste soziale Netzwerk für die Personalbeschaffung ist – wenig überraschend – Xing. Es liegt mit 25 Prozent weit vorn, wenn es um die Schaltung von Stellenanzeigen geht, gefolgt von LinkedIn und Facebook. Letzteres spielt dafür die wichtigste Rolle beim sogenannten Employer Branding: Jedes vierte Unternehmen, das soziale Medien nutzt, setzt Facebook ein, um sich als Arbeitgeber ins Bewusstsein der Nutzer zu bringen.

Spätestens am Ende Mai ein Thema: Datenschutz

Das gesamte Recruiting wird sich im Zuge der Digitalisierung nachhaltig verändern. Dabei geht der Trend unaufhaltsam hin zu kürzeren Bewerbungsverfahren, die über responsive und Smartphone-optimierte Webseiten laufen. Dass all dies ganz neue Herausforderungen an den Datenschutz stellt, liegt auf der Hand – umso mehr im Hinblick auf das Inkrafttreten der neuen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Diese gesamteuropäische Verordnung gilt ab dem 25. Mai und hat zum Ziel, den Nutzern internetbasierter Dienste mehr Kontrolle über die Speicherung und Verwendung ihrer Daten zu geben. Unternehmen, die die neuen Richtlinien nicht einhalten, drohen mit bis zu vier Prozent des weltweiten Jahresumsatzes empfindliche Strafen.

Hinweise zu einem datenschutzkonformen Bewerbermanagement geben zum Beispiel die Datenschutz-Aufsichtsbehörden. So sollte ein expliziter Hinweis schon in der Stellenausschreibung erfolgen, wenn personenbezogene Daten nicht ordnungsgemäß verarbeitet werden können. Zudem muss in diesem Fall die Option einer Bewerbung auf dem Postweg gegeben sein. Bei Online-Bewerbungen dürfen nur solche Daten erfasst werden, die offensichtlich notwendig sind, um die Eignung des Kandidaten zu beurteilen.

Generell muss ein Bewerber immer erkennen können, zu welchem Zweck seine Daten erfasst werden und diese sind gegen Diebstahl, Missbrauch, Verlust und Manipulation zu schützen. Kommt es zur Einstellung des Bewerbers, dürfen nur diejenigen Daten aus seiner Bewerbung in die Personalakte übernommen werden, die für die Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses notwendig sind. Der Rest ist zu löschen. Falls die Daten zu einem späteren Zeitpunkt für weitere Zwecke analysiert und ausgewertet werden sollen, etwa im Rahmen eines sogenannten „Talent-Pools“, müssen die Bewerber ausdrücklich darüber informiert werden. Das gilt auch für die Widerrufsmöglichkeit.

Manche E-Recruiting-Plattformen bieten die Möglichkeit, Informationen aus den sozialen Netzwerken der Bewerber mit aufzunehmen. Dies ist unzulässig, wenn es sich um private Profile handelt. Inzwischen gibt es Produkte, die Unternehmen den datenschutzkonformen Umgang mit Bewerberdaten deutlich erleichtern. Hier legen die Internetnutzer einmalig ein Profil an und erteilen dann den Partnerunternehmen explizit alle DSGVO-relevanten Nutzungs- und Verarbeitungsrechte.

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